Synode mit Schwerpunktthema sexualisierte Gewalt
Sichere Räume für Menschen schaffen
Stender
27.03.2025
ast
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Als Betroffenenvertreter im Beteiligungsforum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Mitarbeiter der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt der EKHN fordert Pfarrer Schwarz Mut bei der Auseinandersetzung mit dem Thema. Mehr als ein Jahr nach der Veröffentlichung der ForuM-Studie zur sexualisierten Gewalt in den evangelischen Landeskirchen in Deutschland beklagt er das Schweigen in den Gemeinden und Einrichtungen der Kirche, die lauwarmen Äußerungen von Mitgefühl. Dabei wollten die Betroffenen kein Mitgefühl, sondern Veränderungen, Handeln und Zuhören.
Schutzkonzepte
Das Vorhandensein von Schutzkonzepten in allen Gemeinden sei noch kein Handeln, konstatierte Schwarz. In den Gemeinden sei oft nicht einmal bekannt, dass es so etwas gibt. Die Gleichgültigkeit gegenüber dem Thema werde häufig auch mit den vielen anderen Aufgaben etwa im Zusammenhang mit dem Transformationsprozess ekhn2030 begründet. Für den Betroffenenvertreter liegt aber gerade in diesem Prozess die Chance, jetzt die Gemeinden zu Orten zu machen, an denen Menschen geschützt sind und Machtstrukturen aufzubrechen.
Auf Empfehlung des Beteiligungsforums gegen sexualisierte Gewalt seien auch in der EKHN mittlerweile bestimmte Maßnahmen auf dem Weg. Das Disziplinarrecht wurde so geändert, dass Betroffene besser unterstützt werden können und mehr Rechte haben. Die Gewaltschutzrichtlinie werde überarbeitet, die neue Anerkennungsrichtlinie soll Anfang 2026 in der gesamten EKD umgesetzt werden. Darin geht es um die Leistung, die Betroffene als Anerkennung ihres Leides erhalten sollen.
Sensibilisierung notwendig
Sensibilisierung für das Thema sei jetzt vordringlich und werde in allen Bereichen der Landeskirche angestrebt, etwa indem eine Synode das Thema aufgreife, bei Dekanatsfachtagen, durch Leitlinien für Pfarrdienst, Kirchenmusik und Gemeindepädagogik. Für Schulseelsorge und andere Berufsgruppen werden Schulungen angeboten. Bei der Ausbildung für die Jugendleiter-Card (Juleica) ist die Sensibilisierung für das Thema schon Bestandteil.
Theologie, evangelische Sexualethik, Sprache und Lieder im Gottesdienst – in all diesen Bereichen tut sich derzeit viel, stellte Schwarz fest. Als jemand, der selbst betroffen ist, betonte er wie wichtig es sei, Betroffene bei allen weiteren Schritten und Entscheidungen einzubeziehen. Bei den Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen ist das bereits der Fall. Sie nehmen in diesen Wochen ihre Arbeit auf.
Zum Abschluss seines Beitrags, in den er auch die Synodalen in zwei Gesprächsrunden einbezog, mahnte Schwarz: „Wir können viel machen und tun, doch letztlich ist es eine Frage der Haltung. Die lässt sich nicht durch Regelungen und Gesetze verordnen. Die kann nur eingeübt werden, vielleicht auch vorgelebt werden.“
Synodale aus Nieder-Ohmen begrüßt
Neben diesem Schwerpunktthema gab es weitere Punkte auf der Tagesordnung. Mit Brot und Salz begrüßten Dr. Thilo Schneider als Vorsitzender der Synode und Dekanin Babara Lang die Synodalen aus der Kirchengemeinde Nieder-Ohmen, die seit dem 1. Januar zum Evangelischen Dekanat Gießener Land gehört. Nieder-Ohmen ist jetzt die flächenmäßig größte Gemeinde im Dekanat und gehört zum Nachbarschaftsraum rund um Mücke. Damit gewinnt das Dekanat zwar rund 2500 Gemeindemitglieder dazu, insgesamt schrumpfen die Mitgliederzahlen auch im Dekanat Gießener Land weiter. Hohe Sterbe- und Austrittszahlen stehen sinkenden Tauf- und geringen Eintrittszahlen gegenüber, so Dekanin Barbara Lang in ihrem Jahresbericht. Die aktuelle Mitgliederzahl liegt bei 54.366: „Das sind immer noch sehr viele Menschen – das sollen wir nicht übersehen“.
Die großen Linien stimmen
Obwohl gerade das vergangene Jahr den Kirchenvorständen und Gremien hohe Belastungen zugemutet habe, appellierte sie an die Anwesenden nach vorne zu schauen, nicht stehen zu bleiben und sich nicht an dem festzuhalten, was vergangen ist. Ihr sei klar, dass sich erst in der Rückschau zeigen werde, ob alle Entscheidungen den Umbau der Kirchengemeinden betreffend richtig waren, aber die großen Linien führten in die richtige Richtung, betonte die Dekanin. Sie böten allen die Möglichkeiten „vor Ort Glauben und Gemeinschaft zu leben.“
Unbesetzte Stellen
Sie bedauerte, dass die Arbeit in vielen Gemeinden durch die 1,5 unbesetzte Stellen im Gemeindepädagogischen Dienst und demnächst acht Vakanzen bei den Pfarrstellen höhere Belastungen für die Kolleginnen und Kollegen mit sich bringe. Drei Pfarrstellen konnten jedoch auch neu besetzt werden. Die Dekanin dankte allen Kolleginnen und Kollegen für Vertretungsdienste und schloss in den Dank auch die 38 Prädikantinnen und Prädikanten und zwölf Lektorinnen und Lektoren ein, ohne die an vielen Orten sehr viel seltener Gottesdienst gefeiert werden könnte.
Ermutigendes
Ermutigend sei die Zahl von rund 500 Konfirmandinnen und Konfirmanden im vergangenen Jahr. Sie lobte die Qualität der vielen gelungenen Veranstaltungen und Angebote für die unterschiedlichsten Interessen, Alters- und Zielgruppen. Sie stünden für die Lebendigkeit und Kreativität in Dekanat und Gemeinden.
Positiv bewertete die Dekanin auch die Entwicklung in den acht Nachbarschaftsräumen insgesamt ermutigend. Dabei sei aber zu bedenken, dass die Zukunft des Gemeindelebens nicht in erster Linie von den formalen Beschlüssen zur Rechtsform, Verwaltungszusammenlegung und Gebäudefragen abhänge, sondern „davon, ob Menschen in den Gemeinden etwas von der Kraft des Glaubens und der Gemeinschaft miteinander erleben.“ Es komme jetzt darauf an zu schauen, „wo wir als Kirche präsent, nah, hilfreich und wirksam sein können, auch wenn nicht mehr alle Gebäude und Mittel so zur Verfügung stehen, wie wir es gewohnt sind und waren.“
Wechsel in der Öffentlichkeitsarbeit
Vor der Synodentagung feierten die Synodalen einen Gottesdienst in der Lollarer Kirche. In diesem Gottesdienst wurde die Referentin für Öffentlichkeitsarbeit, Dr. Angela Stender, in den Ruhestand verabschiedet und ihre Nachfolgerin Patricia Luft eingeführt. Die musikalische Gestaltung oblag Dekanatskantorin Anja Martiné, Marienstiftskantor Christof Becker und Dekanatsmusikerin Ulrike Sgodda-Theiß sowie dem Chor Cantamus.
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