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Wohlauf und singe schön! – Von Ohrwürmern und Seelenwärmern

In diesem Jahr haben wir einen besonderen „Aufhänger“ für das Jahresthema der musikalischen Vespern in Kloster Arnsburg vorzuweisen: Vor 500 Jahren, also 1524, erschien in Wittenberg das erste evangelische Gesangbuch, das „Achtliederbuch“. Martin Luthers Anliegen war es, den Gemeinden Lieder in deutscher Sprache für den Gottesdienst zur Verfügung zu stellen, in denen die Glaubensinhalte verständlich und von einer singbaren Melodie getragen zum Ausdruck kommen. Er textete und komponierte selbst und nutzte zunächst die alttestamentlichen Psalmen als Vorbild und Material zugleich. Viele sind ihm darin gefolgt und haben so dazu beigetragen, dass sich im Protestantismus eine lange Tradition des Choralsingens ausgeprägt hat, das es 2015 sogar in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes geschafft hat!

Gemeinsames Singen im Gottesdienst ist seit der Reformationszeit nicht mehr wegzudenken – nicht mehr nur die Geistlichen oder eine Schola bringen ihre Stimmen zum Lob Gottes zum Klingen, sondern alle tun dies! Dabei kommt es nicht auf Klangschönheit und Perfektion an, sondern auf die Freude am Singen selbst und die innere Motivation. Manche Gesangbuchlieder sind im Laufe der Jahrhunderte zu wahren Ohrwürmern geworden, andere wärmen nachweislich die Seele, und der Stimmgebrauch tut dem ganzen Körper gut.

So stand fest, dass in diesem Jahr in den Arnsburger Vespern mehr miteinander gesungen werden soll – statt nur einem haben wir jetzt drei Gesangbuchlieder in jedem Programm, die sich inhaltlich aufeinander beziehen. Dennoch bleibt den regelmäßig gerne Musizierenden, Gesangsensembles und Solist:innen genügend Raum für eigene Beiträge. Dekanatskantorin Beatrix Pauli hatte die angebotenen Termine schnell besetzt, ich bin nach wie vor gerne mit dabei. Erstmals übernimmt auch Dekanin Barbara Lang eine Vesper im Jahreszyklus und zeigt damit die Wertschätzung des Dekanats für die musikalische Arbeit im ehrwürdigen Kloster Arnsburg!

Die ehemalige Zisterzienserabtei im Tal der Wetter feiert 2024 ein eigenes Jubiläum: Sie wurde auf Initiative Kunos I. von Münzenberg durch Mönche aus dem Kloster Eberbach im Rheingau im Jahr 1174 gegründet und bestand über 600 Jahre bis zur Auflösung im Jahr 1803. Das Evangelische Dekanat Gießener Land und der Freundeskreis des Klosters Arnsburg e.V., der sich bis 2022 um den Bauerhalt und die kulturelle Belebung der mittelalterlichen Ruine verdient gemacht hat, veranstalten dazu u.a. schon vor der ersten Vesper eine Lesung mit Dr. Hermann Josef Roth. Der einstige Zisterzienserpater hat die Geschichte seines Ordens in der Reformationszeit in einem Roman verarbeitet – Näheres finden Sie in der Programmübersicht.

Auf Wiedersehen in der Paradieskapelle!                                                                     

Ihre Pfarrerin i.R. Barbara Alt