Evangelisch im Gießenerland

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    Vortrag Aramäerinnen in Deutschland

    Miteinander reden bringt Frieden und Demokratie

    Ev. Frauen Gießener LandDiskussion mit Mereme BudakDiskussion mit Mereme Budak

    „Miteinander reden, sich austauschen und sich gegenseitig wahrnehmen ist das Wichtigste, um in Frieden und demokratischen Strukturen zusammen zu leben!“ Dieser Gedanke zog sich durch die Ausführungen von Mereme Budak. Der Dekanatsfrauenausschuss des Evangelischen Dekanats Gießener Land hatte die Aramäerin aus Linden zu Vortrag und Gedankenaustausch ins evangelische Gemeindehaus Grüningen eingeladen.

    Mereme Budak gehört der Syrisch-orthodoxen Kirche an, die in Pohlheim mit drei und in Gießen mit einem Kirchengebäude vertreten ist. Sie kam 1979 als Jugendliche mit ihren Eltern und Geschwistern aus der Süd-Ost-Türkei nach Deutschland. Hier, wie auch im Nord-Irak und im Nord-Osten Syriens leben Aramäer (Syrisch-orthodoxe Christen) mit Kurden in gemeinsamen Dörfern. Als das Heimatdorf von Frau Budak in der Türkei überfallen werden sollte, konnte die Familie nach einer anonymen Warnung fliehen. In Deutschland wurde der Asylantrag der Familie positiv beschieden und heute hat sie einen deutschen Pass, wie auch ihre hier geborenen fünf Kinder.

    Was bewirkt der deutsche Pass?

    „Fühlt man sich als Deutsche, wenn man den deutschen Pass hat?“ Diese Frage aus dem Publikum löste eine längere Diskussion aus. Frau Budak Erfahrung ist diese: „Der Pass hilft mir beim Reisen ins Ausland. Aber hier bin ich weiter die Türkin, obwohl ich aus der Türkei vertrieben wurde,  und in der Türkei die Deutsche. wenn ich zu Besuch komme.“ So hänge sie heute sehr an dem Ort, in dem sie hier wohnt, aber auch an dem Heimatdorf in der Türkei. Beide Orte seien ihr sehr wichtig.

    Auch nach 40 Jahren sind Erklärungen nötig

    Auch nach über 40 Jahren in Deutschland sei es für sie schmerzlich, immer wieder erklären zu müssen, sie sei Christin, feiere Weihnachten und Ostern, wie evangelische und katholische Christen auch, schilderte sie ihre aktuelle Situation. Auch direkte Nachbarn hätten oft nur ihr Fremdsein wahrgenommen, aber nicht weiter nachgefragt. Deshalb initiiere sie selbst viele Gespräche, in denen sie ihre Herkunft und Religionszugehörigkeit erläutere.

    Eine Änderung der Sichtweise ist nötig

    Schmerzlich nannte sie es auch, dass ihre Kinder hier als Fremde wahrgenommen werden, auch wenn sie hier geboren sind, hier zur Schule gegangen sind und in den Vereinen Sport getrieben haben. Als Kinder mit Migrationsgeschichte säßen sie in einer Schublade fest, in die sie von anderen gesteckt wurden, und aus eigener Kraft nicht herauskommen. Da brauche es dringend die Änderung der Sichtweise in der gesamten Bevölkerung, so Mereme Budak.

    Frauen-Union Bethnarin arbeitet für den Dialog

    Zusammen mit ihren Mitstreiterinnen von der „Bethnarin (= Mesopotamien) – Frauen-Union“ setzt sie sich für den Dialog ein. Die Frauen regen Gespräche an, um die Grenzlinien zwischen den Bevölkerungsgruppen zu überwinden. Besonders liegt ihr die Aussöhnung mit kurdischen Menschen am Herzen, betonte Mereme Budak. Auch Kurden hätten sich auf türkischen Befehl in den Jahren 1914/1915 den Völkermord an den Aramäern beteiligt. Am 15. Juni begeht die Syrisch-Orthodoxe Kirche weltweit den Erinnerungstag an diesen Völkermord. Auch am Mahnmal in Watzenborn fand eine Veranstaltung statt, bei der auch der Bischof für Deutschland zu Gast war. 

    Die christlichen Frauen von der „Bethnarin-Frauen-Union“ wollten in die Zukunft schauen, vergeben und an einem friedlichen Zusammenleben arbeiten, betonte Frau Budak. Das Verhältnis zu den Kurden habe sich deutlich verbessert, seit auch die Kurden in der Türkei verfolgt würden. So seien beide Gruppen auch davon betroffen, dass sie ihre Sprachen nicht sprechen dürfen.  

    Laut Mereme Budak gibt es aber einen Hoffnungsschimmer: Im selbst verwalteten Gebiet der Kurden in Nord-Ost-Syrien, wo der IS besiegt wurde, entwickelten sich demokratische Strukturen. Hier werde derzeit ermöglicht, dass Aramäer Syrisch-Orthodoxe Gottesdienste feiern dürften, dass der Glaube der Jesiden respektiert werde und auch Muslime ihre Gebetszeiten einhalten dürften. In diese Region pflegt die Bethnarin-Frauen-Union enge Kontakte, um die Frauen und Familien dort auch finanziell zu unterstützen. Stolz berichtete Mereme Budak, dass dort jetzt ein Frauenhaus nach deutschem Konzept eröffnet werden konnte.

    Zum Abschluss der Veranstaltung bedankte sich Luise Böttcher, die Vorsitzende des Dekanatsfrauenausschusses, für das ausführliche und intensive Gespräch.   

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