Evangelisch im Gießenerland

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    Verabschiedung von Pfarrer Andreas Lenz

    Ein leidenschaftlicher Schlussakkord

    StenderPfarrer auf einer Kanzel, die mit Rosen geschmückt ist, Kruzifix rechtsAndreas Lenz

    Was ist die wahre Leidenschaft? Auf die Beantwortung dieser Frage warteten am Samstagabend mehrere hundert Menschen in einer voll besetzten Treiser Kirche, vor einem großen Bildschirm im Treiser Gemeindehaus und auch daheim vor mehr oder weniger großen Bildschirmen. Experte für diese Frage ist Pfarrer Andreas Lenz. Im Sternstunden-Gottesdienst zu seiner Verabschiedung wirkte die Leidenschaft von Pfarrer Lenz ein letztes Mal.

    Dabei wurde deutlich, dass die Leidenschaft auch seine 28 Jahre in der Kirchengemeinde Treis prägte. Nicht nur für die Sternstunden-Gottesdienste, die weit über die Grenzen der Gemeinde Menschen regelmäßig nach Treis lockten, sondern auch für die Menschen im Dorf, für die Ur-Treiser, die Zugezogenen und auch die Geflüchteten, die in den Ort kamen und dort freundliche Aufnahme fanden. Sie fanden Unterstützung bei Pfarrer Lenz und in der Kirchengemeinde, egal ob sie aus Syrien, Afghanistan oder zuletzt aus der Ukraine kamen. Ihre Dankbarkeit dafür drückte eine Gruppe ukrainischer Mädchen mit einem Tanz im Gottesdienst aus.

    Womit wir bei einer wichtigen Zutat der Leidenschaft angekommen wären: Tanzen war immer ein Bestandteil der Sternstunden-Gottesdienste, die seit 25 Jahren in Treis gefeiert werden. In seiner Predigt erinnerte Lenz an eine Sternstunde am Treiser Badestrand in der Sandkaute mit dem Thema „Heimat – so nah, so fern“. Flüchtlinge hätten damals von ihrer Heimat gesprochen, traurige Geschichten erzählt. Und doch habe man danach im Regen miteinander getanzt und gefeiert, „bis wir die Brötchen holen konnten“. Und: „Die schönsten Momente waren die, wo uns alles egal war“.

    Die wahre Leidenschaft liegt in Lenz´ Augen nicht nur im himmelhoch Jauchzenden, sondern auch der anderen, dunklen Seite, was im Wort „Leiden“ zu erkennen sei. Diese Seite ist auch in der Passion Jesu zu erkennen, der nicht als Supermann aufgetreten sei, sondern als demütig Leidender. In Zeiten, wo sich überall auf der Welt Menschen nach dem starken Mann sehnen, sollte die Welt auf Jesus schauen und seinem Beispiel folgen.

    Deutlich wurde in seiner sehr persönlichen Ansprache und an anderen Stellen im Gottesdienst, dass es letztlich seine mit so viel Leidenschaft ausgeübte Profession war, die zur Verabschiedung des 62-jährigen aus dem Pfarrdienst führte. Dekanin Barbara Lang erläuterte, dass er ab jetzt von den dienstlichen Pflichten befreit sei, durch seine Ordination aber lebenslang trauen, taufen und beerdigen dürfe. Sie sei bei aller Leidenschaft, die im Gottesdienst gefeiert wurde, voller Respekt für das, was Andreas Lenz in den letzten Jahren in und für die Gemeinde, das Dekanat und die Kirche geleistet habe. Er sei immer auf der Suche nach dem Neuen gewesen um es für seine Arbeit fruchtbar zu machen. Wer seine Aufgabe aber so begreife wie er, vergesse häufig, innezuhalten und neue Kraft zu sammeln.  

    Auch vor dem Kirchenvorstand und die Menschen in der Gemeinde, die während der Erkrankung von Pfarrer Lenz die Gemeindearbeit fortgesetzt und nach neuen Wegen gesucht hätte, habe sie großen Respekt. „Der wunderbaren Gemeinde“ wünschte sie, dass sie aktiv die Pausen sucht, um neue Kraft zu finden.

    Dr. Thilo Schneider, Treiser und Präses der Synode des Evangelischen Dekanats Gießener Land machte an seiner eigenen Biographie deutlich, welchen entscheidenden Einfluss der scheidende Pfarrer auf die Menschen ausgeübt habe. Er verwies auf Feste und Freizeiten, die Bands und Chöre, Musicals und Aktionen, die sich in dieser Form nur hätten entwickeln können, weil er so viele Ehrenamtliche habe gewinnen und begeistern können. Ihnen hätte er etwas zugetraut, sie gefördert und ihnen Verantwortung übertragen, sodass sie jetzt in der Lage seien, eine Sternstunde mit der Sternstunden-Band, dem Musicalchor, Tänzern, Tänzerinnen, Solistinnen und Solisten und selbst verfassten Texten auf die Beine zu stellen. „Möge das Feuer deiner Leidenschaft noch viele Jahre in dir brennen!“ gab er dem Seelsorger mit auf den Weg.

    Ein Wunsch des Pfarrers ist in den 28 Jahren seines Wirkens allerdings nicht in Erfüllung gegangen: Die Bänke sollten aus der Kirche entfernt werden, um Platz zum Tanzen zu haben. Tanzen geht aber auch im Mittelgang, wie man am Ende des Gottesdienstes sehen konnte. Zu einem Lied mit der Aufforderung: „Tanz!“ bewegte sich der Pfarrer, gefolgt von der Gemeinde aus der Kirche. Dann machten sich alle auf den Weg zum Gemeindehaus, wo weiter gesungen, geredet, gegessen und getrunken wurde – alles im Zeichen der wahren Leidenschaft, die auch ohne Andreas Lenz in Treis weiter gelebt werden dürfte.

     

     

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