Gereimte Predigt in Annerod
"Da hilft doch wirklich nur Humor!"
Stender
04.03.2025
ast
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Schon um halb elf kamen die Ersten, um sich die besten Plätze für die gereimte Predigt des für seinen geschliffenen Wortwitz bekannten Seelsorgers zu sichern. Aus Lich, aus Grünberg, aus Treis, aus Großen-Buseck und Oppenrod waren sie nach Annerod gefahren und warteten gespannt darauf, welche Themen Klingmann in diesem Jahr in wohlgesetzte Verse packen würde. Mit Luftballons und Luftschlangen an der Kanzel und einem „Viva Colonia“ von Silas Lehrmund an der Orgel war das Publikum optisch und musikalisch eingestimmt auf einen närrischen Gottesdienst. der mit Liturgie und Gemeindeliedern genauso ablief wie an jedem Sonntag.
Während die Erwachsenen in den Bankreihen sich mit Verkleidung zurückhielten, hatten sich die Kindergottesdienstkinder, die in Annerod am Anfang des Gottesdienstes mit dabei sind, in bunten Kostümen auf die ihnen zugedachten Plätze in den ersten Reihen gesetzt. Sie begrüßte Pfarrer Klingmann besonders herzlich und verabschiedete sie vor ihrem Ortswechsel ins Gemeindehaus mit dem Wunsch, im Kindergottesdienst ein wenig Party zu machen.
Sollte die Predigt, auf die die Gemeinde gewartet hatte, doch kein echter Klingmann werden? Seine einleitende Bemerkung ließ so etwas erwarten: Da die Künstliche Intelligenz in aller Munde sei, habe er überlegt, den Predigttext von ihr verfassen zu lassen. Er habe dann doch auf die Fertigware verzichtet und sich wieder selbst an die Arbeit gemacht. Und so erfuhr die Gottesdienstgemeinde einiges über Berufe, Berufungen und die Vorteile des Consulting Managements beim Schafezählen. „Kostenlose Nachhilfe“ in Sachen Berufung findet man laut Klingmann in der Bibel. Hier gebe es ganz besondere Berufungen, angefangen bei Mose am brennenden Dornbusch über die unbequemen und provokanten Propheten des Alten Testaments bis hin zu Jesus. Der habe wiederum Männer und Frauen berufen, die für ihn Beruf, Haus und Hof verließen.
Auch in so turbulenten Zeiten wie heute seien alle Menschen von Gott berufen und eingeladen, die Sache Jesu weiter zu betreiben. Dabei konnte der Reim-Prediger beim Blick auf die aktuelle Lage in der Welt nicht darauf verzichten, einen jüngst wiedergewählten Staatenführer zu erwähnen, der die Sache Jesu wohl nicht weiter betreibt. Satirisch beschrieb er ihn: „Einer, der die Schwachen liebt, mit armen Menschen sich umgibt, der alle Egoisten hasst und keinen aus dem Amte schasst. Im falschen Film kommt man sich vor, da hilft doch wirklich nur Humor.“
An die Politiker der Mitte in unserem Land appellierte er, sich Zeit für Visionen zu nehmen „nach vorne und zur Seite“ zu schauen. Hoffnungszeichen schienen zwar im „Wust der News“ unterzugehen, aber wenn Kompromisse, Nachsicht und Barmherzigkeit im Kleinen gut funktionierten, könne das auch im Großen gehen. Was laut Klingmann in diesen Zeiten Hoffnung macht, kann man so zusammenfassen: Friedenstüchtig werden, beten, kräftig singen und lachen!
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