Uraufführung mit der Komponistin am Bandoneon
"House on Fire" beseelt und begeistert
Stender
08.09.2022
ast
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In den Worten der Kirchenmusikerin schwang auch die Erleichterung und Freude darüber mit, dass das von der Bandeonistin Judith Brandenburg komponierte Werk endlich das Licht der Welt erblicken durfte. Geplant war die Uraufführung für den Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt im vergangenen Jahr. Die Proben mit der Dekanatskantorei Collegium vocale Kirchberg begannen im Corona-Jahr 2020 und gestalteten sich entsprechend schwierig.
Proben per Videokonferenz und auf dem Sportplatz
Man probte per Zoom oder an Orten, an denen ohne Infektionsgefahr und unter den jeweils geltenden Regelungen gesungen werden durfte: auf dem Treiser Sportplatz und in einer großen Scheune etwa. Die Nachricht, dass der Auftritt beim Kirchentag nicht stattfinden könne, traf alle Beteiligten zunächst hart. Aber es wurde weitergeprobt, um das Werk auf jeden Fall zur Aufführung zu bringen.
Nur eine Probe mit dem Orchester
Angesichts des an vielen Stellen anspruchsvollen Chorsatzes hielten nicht alle Chormitglieder die Probenphase durch. Die etwa 30 Sängerinnen und Sänger, die am Samstag und Sonntag in der Lollarer Kirche hinter Judith Brandenburg und einem professionellen Streich-Ensemble Aufstellung genommen hatten, bewältigten die schwierige Aufgabe hoch konzentriert, dynamisch klangvoll und von ihrer Chorleiterin hervorragend eingestellt. Das ist umso höher zu bewerten, als die erste Probe mit dem einfühlsam und beseelt spielenden Orchester gleichzeitig die Generalprobe am Samstagmittag war.
Lob der Schöpfung
Worum es in „House on Fire“ geht, erläuterte die Komponistin höchstpersönlich. In sieben Sätzen greift die „Komposition für gemischten Chor, Solosopran (Kira Petry), Bandoneon (Judith Brandenburg), Klavier (Marion Bathe) und Streichorchester die enormen Auswirkungen des Klimawandels und ihre direkt spürbaren Folgen auf. „Es ist fünf vor zwölf“, klärte Judith Brandenburg das Publikum auf „und unser Haus steht bereits in Flammen.“ Gleichzeitig sieht sie ihre Komposition auch als ein „Lob an unsere Mutter Erde, denn wir sind ein Teil der Erde und sie ist ein Teil von uns“, zitiert sie einen Ausschnitt aus dem Text, den Dieter Siebert zu dem Werk beigesteuert hat.
Jetzt Verantwortung übernehmen
Schöpfung – Feuer – Wasser – Erdenlob – Seuche – Gier - Agnus Dei lauten die Überschriften der musikalischen und textlichen Auseinandersetzung mit den einzelnen Aspekten des Klimawandels. So folgt auf das Licht, das in der Finsternis erstrahlt, das Feuer, das tausend Jahre brennt. Am Beginn des dritten Satzes zitiert der Bass auf Englisch steigende Wasserstände, um das Ansteigen der Ozeane zu beschreiben. Bevor mit „Seuche“ der musikalisch anspruchsvollste Satz beginnt, kann das Publikum sich beim beschwingten Erdenlob erholen. Der sechste Satz greift die Philosophie des „Mehr und Mehr“ der Finanzmärkte auf und wiederholt am Ende noch einmal dringlich das Hauptmotiv: „Our house is on Fire!“. Im letzten Satz wird nicht nur der Wunsch nach Frieden angesprochen, sondern es wird deutlich, was jetzt von jedem und jeder zu leisten ist: „Die Antwort war Verantwortung“.
Interaktive Ausstellung zu Auswirkungen des Klimawandels
Komplettiert wurde das bewegende Konzerterlebnis, aus dem sowohl die Mitwirkenden als auch das Publikum beseelt und sichtlich berührt hinausgingen, durch eine interaktive Ausstellung im angrenzenden Gemeindehaus. Studierende der Uni Gießen unter Leitung von Dr. Sonja Geiger hatten entlang der sieben Sätze der Komposition Stationen gestaltet, an denen die Auswirkungen des Klimawandels mit unterschiedlichen Mitteln deutlich gemacht wurden.
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